NoWaBo tritt ab: »Es ist ein gutes Gefühl, dass uns das alles gelungen ist.«
Am 30. Oktober 2021 um kurz nach 9 Uhr geht eine E-Mail an alle 420.000 Mitglieder der SPD raus. Bereits einen Tag zuvor rumorte es in der Presse. Norbert Walter-Borjans wird beim Parteitag am 10. Dezember 2021 nicht mehr als SPD-Parteivorsitzender antreten.
Der amtierende Parteivorsitzende begründet seine für viele überraschende Entscheidung dadurch, dass er mit seiner Kandidatur die Partei einerseits einen und andererseits zu einem Wahlsieg führen wollte, nie aber damit nie weitere Karriereoption verbunden hätte. Alles was er uns seine Co-Vorsitzende Saskia Esken erreichen wollten, wäre erreicht worden: „Jetzt sollen Jüngere ran“, schreibt er in seiner E-Mail.
In seiner Mitglieder-Mail lobt er weiter den „grandiosen Erfolg“ der Sozialdemokratie und die Chance zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik den Kanzler stellen zu können. Er erinnert noch mal an die 22 Regionalkonferenzen und das Mitgliedervotum, in dem er zusammen mit Saskia Esken nicht unumstritten zu neuen Vorsitzende gewählt wurden.
Jüngere sollen jetzt ran
Man habe sich gemeinsam vorgenommen, der „Partei etwas Verlorengegengenes zurückzugeben“, sagt Norbert Walter-Borjans, nämlich die „Kultur des Vertrauens“, eine des „gegenseitigen Zuhörens und Ernst nehmens und das Zusammenrückens“ aller.
Er unterstreicht noch mal den großen Wert einer von der Regierung unabhängigen Parteispitze, die eigene Impulse setzen können müsse, um nicht als Partei in den jeweiligen Koalitionen unterzugehen. Das sei für ihn aus „Fehlern in der Vergangenheit“ zu lernen gewesen.
„Wir hatten uns vorgenommen, unserer Partei etwas Verlorengegangenes zurückzugeben: Eine Kultur des gegenseitigen Zuhörens und Ernst nehmens, des Zusammenrückens und nicht zuletzt — eine Kultur des Vertrauens.“
Auch das frühe Benennen des Kanzlerkandidaten, die große gemeinsame Arbeit am Zukunftsprogramm, bei dem „die Mitglieder mitwirken konnten wie nie“ und das „klar in seinen Inhalten war“ wie nie und der mutigen Entscheidung für eine „Art der Kampagne, die frischer und selbstbewusster ist als in den vergangenen Wahlkämpfen“ habe bei ihm zu dem „guten Gefühl“ geführt, „dass uns das alles gelungen ist.“
Wie geht es jetzt weiter?
Die Mission sei für ihn somit erfüllt und er möchte Platz machen für eine Jüngere oder einen Jüngeren, um den Schulterschluss der Partei zu festigen und die neue Kultur weiter pflegen solle.
Saskia Esken hat sich öffentlich bei Norbert für sein Einsatz bedankt, sowie auch Olaf Scholz und mit ihnen die ganze Partei. Entsprechend war die Resonanz auch über die Parteigrenzen hinweg. Vielen imponiert der selbstgewählte Rückzug aus der Politik und wird als großes Format beschrieben, diese Entscheidung an dieser Stelle zu treffen.
Wer diese oder dieser jüngere Parteivorsitzende sein wird, darüber kann heute nur spekuliert werden. Olaf Scholz scheint sich nicht angesprochen zu fühlen und hat seine Kandidatur ausgeschlossen. Saskia Esken hat sich noch nicht zu ihren Ambitionen geäußert und auch nicht dazu, wie die Bewerbungen zur neuen Doppelspitze vonstatten gehen sollen in der neuen Kultur des Vertrauens.